„Judas, ein Mensch“: Ein neues Musical aus dem Burgenland sorgt österreichweit für Aufmerksamkeit
20.11.2025
Mit nahezu ausverkauften Vorstellungen und wachsendem Interesse aus mehreren Bundesländern entwickelt sich das neue Musical „Judas, ein Mensch“ innerhalb weniger Wochen zu einem kulturellen Höhepunkt im Burgenland. In der MEMO-Sendung von Radio MORA sprachen Autor und Komponist Thomas Steiner sowie die Darsteller Lisi Lörincz (Maria Magdalena), Michael Wachelhofer (Kajaphas) und Joshia Ault (Judas) über Entstehung, Rollenarbeit und die eindrucksvolle Resonanz des Publikums.
Das Stück, produziert von der Musical-Werkstatt Sonnenland, beleuchtet die Passionsgeschichte aus einer ungewohnten Perspektive: im Zentrum steht nicht Christus, sondern Judas – als Mensch mit Licht- und Schattenseiten.
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Ein neues Narrativ: Judas im Mittelpunkt
Thomas Steiner, über 20 Jahre musikalischer Leiter der Passionsspiele St. Margarethen, beschreibt, wie die Idee zu diesem Musical gewachsen ist. Nach vielen Jahren im sakralen Bereich habe er „den Rucksack abgelegt“ und die Figur des Judas neu betrachtet. Inspiriert durch eine moderne Darstellung in der letzten Passions-Inszenierung und ermutigt von seinem Umfeld, entschloss er sich, ein Musical zu entwickeln, das die Geschichte aus der Sicht der Menschen rund um Jesus erzählt – vor allem aber aus der Sicht des Judas.
Steiner wollte bewusst keine Kopie eines bestehenden Werkes schaffen, sondern etwas Eigenständiges: eine Erzählung, die in unserer Zeit verankert ist und die Frage stellt, wie eine solche Geschichte 2025 aussehen würde. Der Text und die Musik seien dabei gleichzeitig entstanden: „Die Musik ist der Katalysator für den Text“, sagt Steiner. Viele Melodien seien bereits während des Schreibens im Kopf gewesen.

Der Weg auf die Bühne: Wie die Darsteller zu ihren Rollen fanden
Lisi Lörincz, die Maria Magdalena verkörpert, kam eher zufällig zur Produktion. Während ihres Studiums an der PH Eisenstadt sang sie in einer Kirche, wo Steiner sie hörte und ihr daraufhin die Hauptrolle anbot. Lörincz betont die menschliche Seite ihrer Figur: Maria Magdalena wird oft einseitig dargestellt, doch hier stehe ihre Beziehung zu Jesus und ihre Verletzlichkeit im Vordergrund.
Joshia Ault, gebürtig aus den USA, erfüllt sich mit der Rolle des Judas einen langjährigen Traum: erstmals ein Musical in deutscher Sprache zu spielen. Seine persönliche religiöse Vergangenheit habe ihm geholfen, die innere Zerrissenheit der Figur zu verstehen. Für ihn steht im Mittelpunkt, dass jede Geschichte zwei Seiten hat und dass Judas wie jeder Mensch positive und negative Eigenschaften in sich trägt.
Michael Wachelhofer, der den Hohepriester Kajaphas spielt, fand nach einem turbulenten Casting zur Produktion. Technische Pannen, falscher Zeitpunkt – dennoch erhielt er eine zweite Chance. Seine Rolle sei eindeutig „der Bösewicht“ des Stücks, aber bewusst leicht überzeichnet, um auch Momente mit Augenzwinkern zu schaffen. Das Ensemble betont, dass hinter der Bühne alle Rollen klar abgelegt werden und ein respektvolles, professionelles Miteinander herrscht.

Reaktionen des Publikums: Zwischen Standing Ovations und Nachdenklichkeit
Die bisherigen Vorstellungen haben das Ensemble selbst überrascht. Zehn Minuten Standing Ovations, weitergesungene Melodien nach dem Ende und positive Pressekommentare prägen das Bild. Besonders erwähnt werden emotionale Momente, die bei vielen Besuchern Taschentücher hervorgerufen haben.
Für Lisi Lörincz gehört ihr Solo „Ich habe Angst, ihn zu verlieren“ zu den intensivsten Szenen, während Thomas Steiner die Wirkung der reduzierten Darstellung des Kreuzwegs hervorhebt: Im Mittelpunkt steht nicht ein großes Spektakel, sondern der Schmerz einer einzelnen Figur – Maria Magdalena.

Die Botschaft des Stücks
„Judas gibt Antworten auf Fragen, die so noch niemand gestellt hat“, fasst Wachelhofer zusammen. Das Musical stellt das Publikum vor moralische Fragen, ohne erhobenen Zeigefinger. „Wir sind auch nur Menschen“, sagt Steiner. „Wir würden wahrscheinlich genauso reagieren wie Judas damals.“
Der provokant angelegte Erzähler – im Stück „Provokateur“ genannt – verbindet biblische Szenen mit der Gegenwart und macht deutlich, dass viele moralische Fragen zeitlos sind. Genau das führt laut Publikum zu anhaltendem Nachdenken.
Wie es weitergeht
Die letzte Möglichkeit, das Musical heuer zu sehen, bietet sich am 22. November im Vinatrium Deutschkreuz, bevor das Ensemble in die Winterpause geht. Für 2026 laufen bereits konkrete Gespräche mit Veranstaltungsorten in mehreren Bundesländern – von der Steiermark über Wien bis Oberösterreich.
„Wir freuen uns über jede Besucherin und jeden Besucher“, betont Steiner. „Solche Produktionen sind nur möglich, wenn das Publikum uns unterstützt.“
Weitere Infos zum Musical: Judas-ein-Mensch.at
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