Skip to content

Live Stream

Filmpräsentation „Die Kinder der Schweigenden“

15.09.2025

Erinnerung an eine ermordete Familie

Vor kurzem war der Journalist und Filmemacher Fred Turnheim in der KUGA zu Gast. Dort präsentierte er seinen Dokumentarfilm „Die Kinder der Schweigenden“. Es ist ein sehr persönliches Projekt: Die Großeltern des Filmemachers, Emanuel und Cäcilie Weiss, wurden am 9. November 1943 in Auschwitz ermordet. Zu Erinnerung an ihre ermordeten Eltern modellierte Turnheims Tante deren Köpfe aus Ton – sie stehen sinnbildlich für die Schweigenden, die niemals schweigen.

Die Verbrechen der Nationalsozialisten

In den 1.634 nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern, einschließlich der Außenlager, wurden rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet. Auch Sinti:zze und Rom:nja, politische Gefangene wie Kommunist:innen und Sozialdemokrat:innen, Homosexuelle, als „asozial“ gebrandmarkte Menschen, Zeugen Jehovas und Kriminelle wurden inhaftiert, zu unmenschlicher Arbeit gezwungen und vielfach ermordet. Besonders grausam waren medizinische Experimente und Zwangssterilisationen, von denen vor allem Menschen mit Behinderung betroffen waren.

KUGA-Geschäftsführer Alex Karazman und Prof. Fred Turnheim

Stimmen der Überlebenden und Nachkommen

Der Film „Die Kinder der Schweigenden“ gibt Überlebenden sowie deren Kindern und Enkelkindern eine Stimme. Sie berichten vom Unfassbaren – und davon, wie die Verbrechen der NS-Zeit bis heute nachwirken. Wissenschaftler:innen ordnen das Erzählte historisch ein und machen deutlich, dass die Geschichte nicht abgeschlossen ist. Zu Beginn er Filmpräsentation spricht KUGA-Geschäftsführer Alex Karazman einleitende Worte. Danach erzählt Prof. Fred Turnheim selbst über seine ermordeten Großeltern und die Motivation für seinen Film. Redakteurin Gerlinde Stern-Pauer hat einen wunderbaren Beitrag für Radio MORA gestaltet.

Erinnerung für die Zukunft

Eine zentrale Frage durchzieht die Präsentation: Was bedeutet Erinnern, wenn die Zeitzeug:innen bald nicht mehr unter uns sind? Wie kann die Gesellschaft die Erinnerung bewahren, wenn jene, die die Entmenschlichung und den Terror selbst erlebt haben, nicht mehr bezeugen können, was geschehen ist?

Siegrid Fahrecker über die Ermordung ihrer Großmutter
Stojka Schwestern im Interview……

Im Film kommen auch Mag.a Sabine Apostolo, Kuratorin der Ausstellung „Die dritte Generation“ im Jüdischen Museum Wien, und Professorin Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, zu Wort. Apostolo spricht von einer „Mauer des Schweigens“ zwischen den Generationen, während Hannah Lessing sehr persönlich über ihre ermordete Großmutter, ihren Vater und die Weitergabe von Traumata erzählt.

Schicksale einzelner Familien

Im weiteren Verlauf wird das Thema an individuellen Schicksalen verdeutlicht. Siegrid Fahrecker berichtet vom Schicksal ihrer Großmutter Anna Burger, die 1943 im Alter von nur 30 Jahren mit einer Giftspritze ermordet wurde. Sissi Stojka erzählt über ihre Familie und wie ihr Vater mit dem Unaussprechlichen umging. Die Historikerin Karin Moser beleuchtet schließlich die Situation jener, die überlebt hatten und nach Kriegsende in ihre Heimat zurückkehrten – und dort oft auf neue Schwierigkeiten stießen.

Der Mord an Anna Burger (geb. Lasser)

Ein dunkles Kapitel der Geschichte spiegelt sich im Schicksal von Anna Burger, geborene Lasser, wider. Die Niederösterreicherin wurde im Dezember 1943 im Alter von nur 30 Jahren durch eine Giftspritze ermordet. Sie war eine junge Frau mitten im Leben – und doch wurde ihr Leben auf grausame Weise ausgelöscht, Opfer eines menschenverachtenden Systems, das Millionen Existenzen zerstörte.

Ihre Enkelin Siegrid Fahrecker wollte sich mit diesem Schicksal nicht abfinden. Sie begann, sich intensiv mit den Hintergründen des Mordes an ihrer Großmutter auseinanderzusetzen. Recherchen in Archiven, Gespräche mit Zeitzeug:innen und die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte haben ihr ermöglicht, ein Stück der Wahrheit ans Licht zu bringen.

Das Schweigen über diese Verbrechen lastet oft über Generationen hinweg. Erst die Kinder und Enkelkinder beginnen, Fragen zu stellen – und finden Antworten, die schmerzhaft sind, aber notwendig, um Erinnerung lebendig zu halten.

Die Geschichte von Anna Burger ist ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, nicht zu vergessen. Sie zeigt, dass hinter den großen Zahlen und Statistiken immer einzelne Menschen stehen – mit Gesichtern, Familien, Hoffnungen und Träumen. Und sie erinnert uns daran, dass die Verantwortung, diese Geschichten zu erzählen, nicht endet, solange wir sie weitergeben.

Weitere Informationen

Der Film „Die Kinder der Schweigenden“ ist als DVD und Blu-Ray direkt beim Filmemacher Fred Turnheim erhältlich. Weitere Informationen, auch zu kommenden Vorführungen, finden sich auf der Webseite: 👉 www.kinder-der-schweigenden.at


Zurück zur Übersicht