Ein Weg voller Geschichten – Die Zagersdorfer Wallfahrer nach Mariazell

03.09.2025
Es gibt Traditionen, die still und leise wachsen, die nicht viel Aufhebens brauchen und trotzdem Jahr für Jahr Herzen bewegen. So eine Tradition ist die Wallfahrt der kleinen, aber feinen Gruppe aus Zagersdorf nach Mariazell. Seit vielen Jahren machen sie sich auf den Weg – manche aus Dankbarkeit, andere, um Sorgen abzugeben oder einfach nur, um ein Stück Alltag hinter sich zu lassen. Was sie verbindet, ist nicht allein die Sprache – auch wenn die Gemeinschaft stark kroatisch geprägt ist. Was sie wirklich zusammenhält, sind die geteilten Schritte, die Gespräche am Wegesrand, das gemeinsame Singen und Beten.
Wer schon einmal gepilgert ist, weiß: jeder Schritt hat Gewicht. Manchmal spürt man die Müdigkeit in den Gelenken, manchmal brennt die Sonne oder es nieselt kalt. Doch da ist immer jemand, der aufmuntert, der Wasser oder ein belegtes Brot reicht, der einfach da ist. Heuer zum Beispiel war es Ulli Rancz-Schoretits, die mit dem Begleitfahrzeug unterwegs war. Sie versorgte die Gruppe nicht nur mit Nahrung und Getränken, sondern hatte auch stets ein offenes Ohr für schmerzende Beine und erschöpfte Seelen. Und sie weiß wovon sie spricht, denn auch sie ist den Weg schon oft zu Fuß gegangen.


Gemeinschaft, die trägt
Besonders schön ist, dass die Gruppe aus Zagersdorf offen ist für alle, die sich anschließen möchten. Wer mitgehen will, ist willkommen – egal ob er Kroatisch spricht oder nicht. Es geht nicht um Grenzen, sondern um Gemeinschaft. Und diese Gemeinschaft ist bunt: Alt und Jung, erfahrene Pilger und Teenager, die zum ersten Mal dabei sind. Gerade die jungen Menschen beeindrucken mit ihrer Ausdauer. Viele Erwachsene sagen, dass es genau diese Mischung ist, die den Weg besonders macht – wenn Erfahrung und jugendliche Leichtigkeit zusammentreffen.


Geistlicher Beistand am Berg
Ein Höhepunkt der Wallfahrt ist jedes Jahr der Gottesdienst am Berg. Pfarrer Stefan Reimann aus Zagersdorf lässt es sich nicht nehmen, die Gruppe zu begleiten. Mit seiner ruhigen Art findet er immer die richtigen Worte, spendet Trost und Motivation. Unterstützt wird er dabei oft von Diakon Marinko Kelawa aus Steinbrunn, der den Pilgern große Bewunderung entgegenbringt. Er weiß, wie viel Willenskraft und Durchhaltevermögen es braucht, diesen Weg Schritt für Schritt zu gehen. Wenn dann gemeinsam Messe gefeiert wird – mitten in der Natur, weitab vom Alltag – spüren viele, dass ihr Herz leichter wird. Es ist, als ob die Sorgen, die man mitgebracht hat, sich in den Himmel hinaufheben.


Rast und Begegnungen
Natürlich gehört auch das Rasten zum Pilgern. Ein ganz besonderer Ort ist der Mitterhof von Vroni Zöchling in Schwarzau. Jahr für Jahr empfängt sie die Zagersdorfer Wallfahrer mit Herzlichkeit. Ihr Biobauernhof, umgeben von Wiesen, Wald und dem Duft nach Heu, ist ein Platz, an dem man sofort spürt: hier darf man ankommen. Vroni erzählt immer wieder, wie sehr sie die Begegnungen mit den Pilgern bereichern. Es sind nicht nur Übernachtungen, es sind kleine Geschichten, die hier Wurzeln schlagen.
Kulinarisch gibt es am Weg übrigens auch viel zu entdecken – vom einfachen Stück Brot bis hin zu Rezeptideen aus dem „Pilgerkochbuch“, das sich die Gruppe heuer näher angeschaut hat. Denn gutes Essen stärkt nicht nur den Körper, sondern auch die Seele.


Alte Freundschaften am Wegrand
Ein weiterer Fixpunkt auf der Reise ist der Besuch bei Leo Schiefer. Der betagte Herr mit Wurzeln im Burgenland empfängt die Pilger jedes Jahr aufs Neue. Früher hat er die Gruppe sogar bewirtet, heute – über 80-jährig – freut er sich, wenn er ein Stück Jause oder eine Mehlspeise teilen darf. Für ihn ist es ein Fest, bekannte Gesichter wiederzusehen, für die Pilger ist es ein Stück Heimat auf dem Weg. Besonders für Walter Wild, der Leiter der Gruppe, ist die Begegnung mit Leo jedes Jahr ein persönliches Ritual. Walters Mutter war eine Cousine von Leo, und so wird aus der Pilgertradition auch ein Stück Familiengeschichte.

Ankunft in Mariazell
Wenn die Gruppe schließlich die Basilika von Mariazell erreicht, ist das mehr als nur das Ende eines Weges. Es ist ein Ankommen im Herzen. Die Müdigkeit der letzten Kilometer fällt ab, ein Gefühl von Dankbarkeit stellt sich ein. Jeder hat etwas mitgebracht – ein Gebet, einen Wunsch, eine Hoffnung. Und jeder geht mit etwas nach Hause, das schwer zu beschreiben, aber tief zu spüren ist.
Vielleicht ist es genau das, was die Wallfahrt ausmacht: dass sie Körper und Seele gleichermaßen bewegt. Die Schritte durch Wald und Wiesen, die Gespräche mit alten und neuen Freunden, das gemeinsame Singen und Beten – all das bleibt.





Die Zagersdorfer Wallfahrt nach Mariazell ist keine große, laute Veranstaltung. Sie ist still, bescheiden und gerade dadurch so besonders. Sie zeigt, dass man keine großen Gesten braucht, um etwas Wertvolles zu schaffen. Ein paar Menschen, die sich auf den Weg machen, die ihre Geschichten teilen und ihre Herzen öffnen – das reicht schon, um eine Tradition zu formen, die viele berührt.
Und wer weiß – vielleicht schließen sich in den nächsten Jahren noch mehr Menschen an. Denn die Tür steht offen. Jeder ist willkommen, der ein Stück Weg mitgehen möchte.
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