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Ein Abend zwischen Himmel und Erde

03.11.2025

Im goldenen Herbst, wenn die Tage kürzer und die Gedanken stiller werden, fand im Öden Kloster in Baumgarten eine besondere literarisch-musikalische Lesung statt. Unter dem Titel „Letzte Reise – eine Annäherung“ begegneten sich zwei Autorinnen, Sanja Abramović und Eva Schreiber, und die Musikerin Mira Perusic, um Worte und Klänge über das Vergehen und das Weiterleben zusammenzuführen.

Der ehemalige Paulinerorden, das Kloster, war dabei weit mehr als nur Schauplatz – er wurde selbst Teil der Erzählung. Einst Ort der Stille und des Glaubens, heute Ort der Begegnung, strahlte das historische Gemäuer eine besondere Ruhe aus. „Ich glaube, wer in Baumgarten wohnt, weiß, dass das so ein magischer Platz ist, da unter der Linde“, sagt Sanja Abramović. „Der Ort strahlt wirklich etwas Besonderes aus – Ruhe, Verbindung zu früher, zu dem, was uns ausmacht.“

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Erinnerungen, Abschiede, Verbundenheit

Die Idee zur Veranstaltung entstand, als Abramović und ihre Kollegin Eva Schreiber bemerkten, dass sich ihre Texte inhaltlich berühren. „Als Sanja ihr Buch präsentiert hat, sind wir draufgekommen, dass wir Geschichten haben, die sehr gut zusammenpassen“, erzählt Schreiber. Beide Autorinnen beschäftigen sich mit Abschied und Erinnerung – Themen, die sich im November, rund um Allerheiligen und Allerseelen, besonders eindrücklich anfühlen.

Abramović, die zweisprachig aufwuchs, bringt in ihren Erzählungen auch Elemente der slawischen Mythologie ein. „Die slawische Mythologie kommt da immer wieder vor, weil das ist der Aberglaube, der Glaube, mit dem ich aufgewachsen bin“, sagt sie. Ihre Texte verbinden persönliche Erinnerungen – etwa an die Großmutter, deren Begräbnis sie beschreibt – mit kulturellen Bildern von Übergängen und Transformation. „Es soll nicht unbedingt eine traurige Lesung sein“, betont sie. „Es soll nur daran erinnern, dass wir Menschen hier haben, die eben nicht mehr leben.“

Zwischen Leben und Loslassen

Eva Schreiber beschreibt ihre Texte als Erzählungen über Nähe und Verlust: „In meinem Text geht es um eine Mutter-Töchter-Geschichte, in der spürbar wird, dass man sich über die Zeit verliert. Dann kommt der Moment, wo man draufkommt, dass es möglicherweise ans Abschiednehmen geht. Und dann ist die Frage: Gibt es noch einmal ein Zusammenkommen, oder muss man Abschied nehmen?“

Für beide Autorinnen war der Ort ein entscheidender Teil der Lesung. „Wir waren an einem wunderschönen Nachmittag da, mit einer besonderen Lichtstimmung, und waren sofort gefangen von dem Platz“, erinnert sich Schreiber. „Insofern sind wir mit der Wahl dieses Ortes extrem glücklich.“

Musik als Umarmung

Musikalisch begleitet wurde der Abend von Mira Perušić, Musikerin mit burgenländisch-kroatischen Wurzeln. Sie schuf eine Klangkulisse, die die literarischen Texte nicht nur untermalte, sondern ihnen eine eigene Sprache hinzufügte. „Ich beschäftige mich mit meiner Musik viel mit dem Tod, beziehungsweise mit dunkleren Themen, die man aber nicht unbedingt negativ werten muss“, sagt Perušić. „Für mich war es wichtig, musikalisch eine Art Umarmung zu bieten.“

Ihre Stücke, teils Eigenkompositionen, teils Arrangements traditioneller Lieder, spiegelten diese Haltung wider. „Wir haben unter anderem Lieder gehört, die im Dezember auf meiner neuen EP erscheinen werden“, erzählt sie. „Aber ich habe auch ein Arrangement gemacht von einem Kirchenlied, das in einem der Texte von Eva Schreiber vorkommt.“

Für die Musikerin war die Stimmung im Kloster besonders prägend: „Als wir angekommen sind, habe ich sofort gespürt, dass das eine besondere Energie ist. Die Stimmung macht viel aus, wie ich die Lieder interpretiere. Und die Zweisprachigkeit hier – das ist mir in meiner Musik auch sehr wichtig.“

Sprache des Herzens

Das Thema der Zweisprachigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend. Die Lesungen wechselten zwischen Deutsch und Burgenlandkroatisch, die Musik verband beide Ebenen. „Obwohl ich kein Kroatisch spreche, habe ich das Gefühl, man versteht einfach“, sagt Eva Schreiber. „Es ist eine Sprache, die dir direkt ins Herz geht, auch wenn du keinen Satz verstehst.“

Diese Verbindung von Sprache, Klang und Raum ließ eine Atmosphäre entstehen, in der das Thema Tod nicht als Ende, sondern als Teil des Lebens spürbar wurde. „Ich versuche, das relativ sachlich zu beschreiben, ohne große Sentimentalität“, sagt Abramović. „Aber es wirkt vielleicht anders, wenn man es hört.“

Ein Abend zwischen Himmel und Erde

Moderiert wurde der Abend von Raoul Eisele, die Texte stammten aus der „edition lex Liszt 12“ und wurden von der Grazer Autorinnen- und Autorenversammlung unterstützt. Das Publikum erlebte eine dichte, leise und zugleich lebendige Annäherung an die letzte Reise – eine, die mit Musik und Erinnerung fortgeführt wird.

Zum Schluss erklangen die Zeilen: „Der Heiland ist erstanden, befreit von Todesbanden …“ – ein Kirchenlied, das sich nahtlos in die Stimmung des Abends einfügte.

„Das Kloster ist nicht nur ein Platz der Traurigkeit“, sagt Eva Schreiber zum Abschied. „Es ist ein Ort, der Geschichte atmet – und zeigt, dass im Loslassen auch immer ein Neubeginn liegt.“


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