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55 Jahre Malerwochen: Harro Pirch zieht Bilanz

11.09.2025

Die Rabnitztaler Malerwochen prägten über fünf Jahrzehnte das kulturelle Leben im Burgenland. Nun hat ihr Gründer, der akademische Maler und Landeskulturpreisträger Harro Pirch, das Ende der Veranstaltung bekanntgegeben. Im Gespräch mit Radio-MORA-Chefredakteur Joško Vlasich blickt der Künstler auf seine Kindheit, seine künstlerische Entwicklung und die Bedeutung der Malerwochen zurück.

Mit den 55. Rabnitztaler Malerwochen ging im Sommer eine Ära zu Ende. Künstlerinnen und Künstler aus Europa, Asien und Amerika trafen sich letztmalig im Turmhaus in Unterrabnitz, um gemeinsam zu arbeiten und auszustellen. Harro Pirch, Gründer und Organisator der Malerwochen, erklärte den Schritt mit altersbedingten Gründen.

„Malerei ist für mich das Leben. Ich kann ohne die Malerei nicht leben. Aber in der Form, dass ich zehn Leute einlade und mit ihnen arbeite, das schaffe ich nicht mehr“, sagte Pirch im Gespräch. Die Entscheidung fiel ihm schwer, doch nach mehr als fünf Jahrzehnten wollte er die Verantwortung nicht länger alleine tragen.

Das Gespräch mit Harro Pirch zum Nachhören

Kindheit und prägende Lehrer

Pirch wurde 1941 in Frauenthal in der Weststeiermark geboren. Nach Kriegsende zog die Familie nach Fürstenfeld, wo er einen engen Bezug zur Natur entwickelte. Vor allem der Großvater vermittelte ihm handwerkliche Fähigkeiten und einen Zugang zur ländlichen Lebenswelt.

In der Schule prägte ihn der Kontakt mit dem Künstler Hans Fronius, einem bedeutenden österreichischen Expressionisten. Später kam in Mödling Hans Essinger als Lehrer hinzu. Pirch erinnert sich: „Wir waren nur vier Schüler, und er hat uns mit dem Auto nach Wien gebracht. Dort habe ich Gauguin, Van Gogh und Monet gesehen. Das war prägend.“

Lehrer und Künstler

Obwohl Pirch zunächst nicht Lehrer werden wollte, folgte er dem Rat seines Vaters, eine sichere berufliche Basis zu schaffen. Er unterrichtete jahrzehntelang als Kunsterzieher, parallel zu seiner eigenen künstlerischen Arbeit. Wichtig sei dabei die Persönlichkeit der Lehrenden, betonte er: „Ein Lehrer muss Jugendliche mitnehmen können. Ehemalige Schüler sagen mir heute noch, dass sie froh sind, mich gehabt zu haben.“

In Wien erlebte er die Kunstszene der 1960er Jahre. Den „fantastischen Realismus“ um Rudolf Hausner oder Wolfgang Hutter nahm er zur Kenntnis, fand aber keinen persönlichen Zugang. Auch mit dem Wiener Aktionismus konnte er wenig anfangen: „Das Wichtigste ist, man muss arbeiten. Ruhm ist eine Seifenblase.“

Entstehung der Malerwochen

Die Idee zu den Rabenstaler Malerwochen entstand Ende der 1960er Jahre. Während eines Journaldienstes nutzte Pirch eine Werkstätte als Atelier und lud Kollegen zum gemeinsamen Arbeiten ein. 1971 begann er in Unterrabnitz mit einer kleinen Gruppe. Unterstützung erhielt er vom damaligen burgenländischen Kulturlandesrat Fred Sinowatz, der die Initiative mit einer Subvention ermöglichte.

Die Rahmenbedingungen waren einfach. „Bei der ersten Eröffnung waren noch Hühnerställe und ein Plumsklo. Da waren fünfundvierzig Leute. Heuer waren es über fünfhundert“, erinnerte sich Pirch. Mit der Zeit wurde die Veranstaltung zu einer festen Größe der burgenländischen Kulturszene.

Auswahl und Gemeinschaft

Über die Jahre nahmen mehr als hundertzwanzig Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt teil. Pirch legte bei der Auswahl Wert auf die Fähigkeit zur Zusammenarbeit: „Ich habe immer geschaut, dass sie in eine Gemeinschaft passen und Schulter an Schulter arbeiten können.“ Wer nicht harmonierte, kam meist nur einmal.

Das Besondere sei die Freiheit gewesen. Es gab keine Vorgaben durch den Leiter. „Jeder konnte das machen, was er wollte. Wichtig war nur, ohne Belastung zu arbeiten“, erklärte Pirch. Die Atmosphäre förderte Austausch und gegenseitige Inspiration.

Internationale Begegnungen

Die Malerwochen brachten Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammen. Künstler aus Südkorea, den USA, Italien oder Estland kamen nach Unterrabnitz. „Wir verstehen uns über die Malerei. Das ist die gemeinsame Sprache“, sagte Pirch. Sprachbarrieren wurden dabei zweitrangig.

Auch die Unterstützung durch Wirtschaft und private Förderer spielte eine Rolle. Kontakte halfen, internationale Gäste einzuladen und den Fortbestand der Malerwochen zu sichern.

Kunst im Burgenland

Pirch lobte die Unterstützung des Landes Burgenland für Kunstschaffende, insbesondere während der Corona-Pandemie. Der Kulturgutschein habe Künstlerinnen und Künstlern geholfen und gleichzeitig das Publikum motiviert, Werke zu erwerben. „Das war eine Vorreiterrolle des Burgenlands“, betonte er.

Für seine Leistungen erhielt Pirch zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Landeskulturpreis für bildende Kunst und den Kulturpreis des Landes Burgenland.

Ein Leben für die Malerei

Trotz des Endes der Malerwochen wird Pirch nicht mit der Malerei aufhören. „Wann wird der Ruhestand beginnen? Ich glaube erst, wenn ich gestorben bin“, sagte er im Gespräch. Kunst sei keine Arbeit, sondern ein inneres Bedürfnis: „Es ist ein Muss, etwas zu tun. Die geistige Auseinandersetzung und das Umsetzen in Bildern sind so faszinierend, dass man nicht aufhören kann.“


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