Archäologische Funde in Oberpullendorf: Ein Blick in 7.000 Jahre Geschichte

24.09.2025
In Oberpullendorf dokumentierte ein Grabungsteam der Universität Wien im Spätsommer über zweihundertsechzig archäologische Befunde. Die Funde reichen von der Jungsteinzeit bis in die Spätantike. Neben Fachleuten informierten sich auch Schulklassen und die Gemeinde über die Bedeutung dieser Entdeckungen für die Region.
Auf einem drei Hektar großen Areal der Großfeldsiedlung führte ein Team der Universität Wien unter Leitung von Professor Wolfgang Neubauer im Spätsommer 2025 archäologische Grabungen durch. Anlass war ein geplantes Wohnbauprojekt, für das Voruntersuchungen notwendig wurden. Dabei wurden über 260 Befunde dokumentiert.
Die Untersuchungen basierten auf Magnetfeld- und Bodenradarmessungen. „Wir haben hier sehr viele archäologische Anomalien festgestellt, die auf Strukturen aus der Jungsteinzeit hinweisen“, erklärte Neubauer. Unter den Funden waren Pfostengruben, Keramikreste, Spinnwirtel und Spuren großer Langhäuser. Damit konnte das Leben der ersten Siedlerinnen und Siedler vor rund siebentausend Jahren nachvollzogen werden.

Alltag statt Schätze
Die Archäologinnen und Archäologen betonten, dass der Fokus der Forschung nicht auf spektakulären Schätzen liegt. „Archäologie erforscht den Alltag der Menschen. Es geht darum zu verstehen, wie die Leute gelebt haben, was sie gebraucht haben und wie ihre Lebenswelt aussah“, erläuterte eine Mitarbeiterin des Teams.
Besonders die jungsteinzeitliche Kultur der Linearbandkeramik spielte dabei eine wichtige Rolle. Keramische Gefäße mit typischen Linien- und Punktmustern gaben Hinweise auf die Lebensweise der ersten Bewohner. Diese Menschen bauten bereits Häuser, hielten Tiere und betrieben Ackerbau.



Eisenproduktion in der Region
Neben der Jungsteinzeit fanden die Archäologen auch Spuren aus der Eisenzeit. Mehrere sogenannte Rennfeueröfen deuten auf eine intensive Eisenproduktion in der Oberpullendorfer Bucht hin. „In keltischer Zeit wurden hier jährlich vierzig bis sechzig Tonnen Eisen erzeugt“, erklärte Neubauer. Abgebrochen sei die Produktion wohl aufgrund fehlender Wälder zur Herstellung von Holzkohle.
In der Spätantike kam die Eisenverhüttung erneut auf, als zentrale Kontrolle wegfiel und kleinere Anlagen betrieben wurden. Diese Funde zeigen die wirtschaftliche Bedeutung der Region über Jahrhunderte hinweg.
Interesse von Politik und Gemeinde
Bürgermeister Hannes Heisz und Vizebürgermeister Nikolaus Dominkovits besuchten die Grabungsstelle. Beide hoben die Bedeutung der archäologischen Arbeit hervor. „Identität ist wichtig. Wo kommt man her, was war vor uns – das sind spannende Fragen. Diese Grabungen gehen seit über fünfzig Jahren und sind immer wieder faszinierend“, so Bürgermeister Heisz.

Vizebürgermeister Dominkovits erinnerte sich an eigene Schulausflüge zu Ausgrabungen. „Das bleibt ein Leben lang in Erinnerung. Schon damals war es spannend zu erfahren, dass hier vor fünftausend bis siebentausend Jahren Menschen lebten, arbeiteten und Tiere hielten.“
Archäologie für Kinder erlebbar
Zwei Klassen der Volksschule Oberpullendorf nutzten die Gelegenheit, die Grabungen zu besuchen. Rund 50 Kinder wurden in Kleingruppen durch das Gelände geführt. Sie durften selbst graben, Fundstücke begutachten und mit den Fachleuten sprechen.



„Das Feedback ist bestens. Die Kinder haben Spaß daran, selbst Archäologe zu sein und ihre Funde einzuordnen“, erklärte Volksschullehrerin Doris Westhoff. Ein Mädchen meinte begeistert: „Ich mag das Ausgraben so gern. Wenn ich erwachsen bin, möchte ich auch Archäologin werden.“
Bedeutung für die Bildung
Für die Universität Wien ist die Einbindung der jungen Generation ein zentrales Anliegen. „Viele Kinder und auch Erwachsene haben kaum ein Bild davon, wann was in der Menschheitsgeschichte passiert ist. Wenn Kinder schon früh erleben, dass auch Menschen vor siebentausend Jahren Sorgen und Alltag hatten, fördert das Verständnis für Geschichte“, so die Studierenden.

Die Lehrerinnen betonten zudem die Wichtigkeit regionaler Geschichtsvermittlung. „Kinder kennen sich oft besser in anderen Ländern aus als in ihrer eigenen Umgebung. Deshalb ist es wertvoll, wenn sie erfahren, was hier vor Jahrtausenden passiert ist“, erklärte Westhoff.
Nachhaltigkeit der Funde
Das Grabungsteam arbeitete vier Wochen lang bei sommerlichen Temperaturen, um die Überreste sorgfältig zu sichern. Die Arbeit umfasste das Freilegen von Pfostenlöchern, Brunnen und Öfen sowie die Dokumentation von Keramik- und Metallfunden.
Professor Neubauer hofft auf eine dauerhafte Präsentation: „Wir wollen mit dem Bauträger gemeinsam einen Schauraum schaffen, in dem die wichtigsten Funde gezeigt werden. So bleibt die Geschichte auch langfristig für die Bevölkerung zugänglich.“
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